CVJM Baden Aktuell
So lebendig kann Kirche sein
Rund 200 Kirchenpionier:innen haben am 19. Oktober 2024 in der Halle des CVJM Hochstetten bei Karlsruhe einen Tag voll Inspiration und Vernetzung erlebt. Das ökumenische Format „Gründergeist Gipfeltreffen“ zog Teilnehmende aus verschiedensten Bereichen an, die neue, ergänzende Formen von Kirche initiieren und gestalten wollen.
Musikalisch wurde der Tag direkt innovativ eröffnet und gestaltet indem das internationale Künstler:innen-Kollektiv „Central Arts“ die unterschiedlichen Hintergründe der Teilnehmenden aufgegriffen hat und Lieder aus Taizé sowie „Lobe den Herren“ neuinterpretiert hat. Daneben spielten sie eigene, inspirierende Songs und andere Lobpreislieder. Ein besonderer Moment war beispielsweise eine musikalische Neuinterpretation des Gebets „Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir…“ (Nikolaus von der Flue).
Göran Schmidt, Diakon für FreshX in der evangelischen Kirche in Baden und Teil des Arbeitsbereichs (AB) YChurchs setzt Tradition und Innovation in einen gemeinsamen Rahmen. „Wir wollen nicht mit gewachsenen Traditionen brechen, die in der Kirche nach wie vor ihren Raum haben. Aber wir gründen neue Formen von Kirche innerhalb unserer kirchlichen Strukturen wie denen in Verbänden. Wie – das ist die zentrale Frage – wollen wir Kirche in die Zukunft führen? Und wie müssen wir Kirche verändern, dass sie zu den Menschen von heute passt, um die Botschaft Jesu Christi zu vermitteln?“
Prof. Dr. Sandra Bils, Referentin für strategische Transformation bei midi Berlin (EKD), formulierte es in ihrem Hauptvortrag so: „Gründen ist ja nie aus dem Nichts heraus. Wir setzen immer an, bei dem was es schon gibt.“ Sie erinnerte daran, dass „Ekklesia“ – Kirche – nicht nur ein selbstorganisiertes Cliquentreffen ist, sondern eine Gemeinschaft, die von Gott herausgerufen ist – das bedeute auch ein Rausgehen aus eigenen Räumen. Sie fügte der Tradition und Innovation noch die Exnovation hinzu mit der Frage: „Wie viel Zeit meines kirchlichen Engagements investiere ich in Fortsetzen von Bisherigem, Anfangen von Neuem und bewusstes Beenden und Verlernen? – Wo schneidet ihr auch mal bewusst alte Zöpfe ab und sagt, das war gut, aber hat auch seine Zeit gehabt?“
Tina Hodgett, Priesterin und Pionierin der anglikanischen Kirche, teilte ihre Erfahrungen aus der FreshX-Bewegung in England. Heutige Pioniere seien oft Frauen und nicht-klassisch ausgebildet. Das englische Wort „pioneer“ habe als Entsprechung das Wort „Anfänger“ im Deutschen – so, wie auch Jesus vieles neu und zum ersten Mal gemacht habe, etwa mit dem Abendmahl als eine Neuinterpretation eines bestehenden Rituals.
Der Hamburger Startup-Berater Daniel Terner führte in die Praxis des Gründens ein und verglich den Start mit dem Kinderspiel Topfschlagen: Nach einer großen Idee, einer Analyse der Wunschwirkung und einer ersten Kostprobe der Idee heiße es: „Auf die Knie gehen, näher ran!“ Der kontinuierliche Austausch mit der Zielgruppe sei entscheidend, erst im nächsten Schritt solle die Werbung für das neue Format kommen. Das Erproben, ob man auf der richtigen Spur ist, höre nie auf. „Also ab jetzt immer auf den Knien im Kontakt mit den Leuten am Boden bleiben“.
In den Pausen, den Austauschrunden sowie Workshops war Gelegenheit, tiefer und praxisorientiert in die angesprochenen Themen einzutauchen und von den Erfahrungen anderer zu lernen sowie sich ausgiebig miteinander zu vernetzen.
„Selten habe ich unter so vielen unterschiedlich geprägten Menschen so viel Einheit, Lust an der Zukunft von Kirche und Freude am Glauben erlebt. Menschen, die sich zuvor fremd waren, gingen aufeinander zu und heim mit dem Gefühl, gleichgesinnte Freunde dazugewonnen zu haben. Das Wissen um all diese wunderbaren Kirchenpioniere im Ländle und darüber hinaus beflügelt mich. Es gibt mir Hoffnung, dass vielleicht doch ein Ruck durch unsere Kirche gehen könnte.“ So beschreibt Tabea Richardson, teil des AB YChurch und Mitorganisatorin ihren Eindruck vom Gipfeltreffen und ergänzt weiter, dass „zu dieser Atmosphäre des Aufbruchs und gegenseitigen Wohlwollens wesentlich das durch Gründergeist so sorgfältig kuratierte Programm beigetragen hat: Sprecherinnen, die ihre ganze Erfahrung und Expertise mitbrachten und auch in persönlichen Begegnungen weiterschenkten, eine außergewöhnlich begabte und hingegebene Band, die das Wirken des Heiligen Geistes an diesem Tag gekonnt weitertransportierten, ein überaus gastfreundlicher Veranstalter, der es an nichts fehlen ließ, was man sich auch über das geistliche Wohl hinaus hätte wünschen können. Wow.“
Was ist Gründergeist?
Die Gründergeist Bewegung ist ein ökumenisches Netzwerk von ev. und katholischen Christ:innen und dem CVJM in Baden-Württemberg und der Pfalz. Das Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit einer Sehnsucht nach lebendigen und neuen Formen von christlicher Gemeinschaft zu suchen, zu vernetzen, zu inspirieren und zu ermutigen. Dies geschieht durch ein Team aus den Landeskirchen, dem CVJM und den kath. Bistümern in Baden, Württemberg und der Pfalz, indem online Starterkurse, Lernreisen, Intensiv-Freizeiten, Coaching und das Jahrestreffen als „Gipfeltreffen“ angeboten werden. Alle Infos finden sich unter: www.gruendergeist.info
Helen Härer
Save the date: GIPFELTREFFEN, 11. Oktober 2025
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